Paul Keller ist Ur-«Staaner». Seit seiner Geburt im Jahr 1940 lebt der pensionierte Feinmechaniker in Stein am Rhein. Der Wasserstand des 1233 km langen Stromes ist seine Leidenschaft. Ein Gespräch mit dem Fachmann über Schnee von gestern und ganz und gar nicht trockene Fakten.
«In unserem
Haus wohnten seit jeher
die Pegel-Ableser.»
Herr Keller, seit wann befassen Sie sich mit dem Pegelstand des Rheins?
Seit 1964 lese ich täglich die Wasserhöhe an der Messstation in Stein am Rhein ab. Der Pegelpfahl steht direkt vor meinem Garten, 30 m von meinem Haus entfernt. Das ist ganz praktisch (schmunzelt).
Täglich? Wie geht das?
Nun, ich gehe selten weg. Wenn ich verhindert bin, vertritt mich meine Frau oder ein Nachbar. Das klappt wunderbar.
«Ich liebe den Rhein,
er ist meine Passion!»
Wie kamen Sie zu dieser Tätigkeit?
Ich liebe den Rhein, er ist meine Passion! Ich befasse mich aus naturkundlichen Gründen mit dem Wasserstand. Zudem pflege ich eine Tradition. In unserem Haus wohnten seit jeher die «Pegel-Ableser». Sie waren vom Tiefbauamt des Kantons Schaffhausen angestellt. Die ältesten Aufzeichnungen der Station Stein am Rhein stammen vom 1. April 1880.
Diese Daten haben Sie alle?
Ja, so ist es. Mich interessiert nicht nur die aktuelle Situation. Spannend ist auch ein Blick in die Vergangenheit. Deshalb habe ich bei Ämtern nachgefragt und in Archiven gestöbert. Mittlerweile verfüge ich über ziemlich umfassendes Zahlenmaterial aller Pegelstationen im Bodensee-Raum. Das hilft bei den Prognosen…
…für die Schifffahrt?
Unter anderem, ja. Ich verfolge via Zeitung die Schneehöhen in den Bündner Alpen und kann so relativ exakt die Entwicklung des Wasserstandes berechnen – auch unter Berücksichtigung weiterer Faktoren. Wichtig sind die Luftfeuchtigkeit, das Wetter und die Temperatur im Moment der Schneeschmelze. Sehr wertvoll ist zum Beispiel der März- und April-Schnee – oben in den Bergen natürlich (lächelt)!
Was bringt die Zukunft?
Seit 2014 wird der Pegel automatisch gemessen. Insofern bin ich der Letzte meiner Zunft. Alles ist ja im Fluss…
Chronist des Rheinpegels: Paul Keller aus Stein am Rhein.
Die Pegel-Prognosen von Paul Keller sind für uns wichtig. Im Frühjahr liefert er eine grundsätzliche Einschätzung. Während der Saison lässt sich genauer sagen, wann wie viel Wasser nach intensiven Regenfällen zu erwarten ist – zum Beispiel bei der Brücke in Diessenhofen.
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