Was für andere ein Bubentraum ist, wurde für Matti Betz und Markus Böhm Wirklichkeit. Seit Juni 2019 sind die beiden echte Schiffsführer mit Patent für die Schifffahrt auf Untersee und Rhein. Doch wie verläuft eine Ausbildung zum Schiffsführer? Wie läuft eine praktische Prüfung auf dem Wasser ab? Im Interview fühlen wir den beiden neuen Schiffsführern Matti Betz und Markus Böhm auf den Zahn.
Wann startete die Ausbildung zum Schiffsführer?
Markus Böhm: Die ersten Instruktionstage starteten 2014.
Matti Betz: Ich konnte ab 2013 das erste Mal im Steuerhaus ein Schiff steuern.
Welche Funktionen musstest du durchlaufen?
Betz Gestartet habe ich als Matrose, später wurde ich Kassier und fuhr längere Zeit in der Funktion des Maschinisten auf den Motorschiffen Munot und Thurgau.
«Das Fahren nach Örtlichkeiten
ist definitiv sehr anspruchsvoll.
Wir orientieren uns beispielsweise
an einem Kirchturm oder an
einem Stein am Ufer.»
Wie läuft eine Ausbildung ab?
Betz Bereits als Maschinist konnte ich das Steuer gelegentlich auf See- und Rheinabschnitten übernehmen und erste Erfahrungen sammeln. Dann starteten die ersten Instruktionstage. Später folgte die Theorieprüfung über die Verordnungen und Gesetze. Diese Prüfung ist sehr intensiv. Erst danach kann die praktische Fahrprüfung abgelegt werden.
Was ist das anspruchsvollste an der Ausbildung?
Böhm Das Fahren nach Örtlichkeiten ist definitiv sehr anspruchsvoll. Wir orientieren uns beispielsweise an einem Kirchturm oder an einem Stein am Ufer. Oder die Merkpunkte auf den Seekarten muss man kennen. All das braucht viel Übung. Hinzu kommt die Bedienung und Übersetzung der seitenverkehrten Steuerung.
Remo Rey gratuliert Markus Böhm zur bestandenen Schiffsführer-Prüfung auf dem MS Arenenberg, gemeinsam mit Herbert Rispy, Leiter Betrieb und Werft. (v.l.n.r.). MS Arenenberg steht am Hochwassersteg von Diessenhofen.
Wie muss man sich eine praktische Prüfungsfahrt vorstellen?
Böhm Die Nacht davor schläft man sehr schlecht. Zum Glück kann man die Prüfungsmannschaft selber zusammenstellen, das gibt Sicherheit.
Betz Es gibt unterschiedliche Prüfungselemente. Zum Beispiel wird das Steuerhaus abgedeckt und die Situation einer Nebelfahrt simuliert. Gemeinsam mit dem Maschinisten und der restlichen Mannschaft
muss mittels Radar das sichere und zielgenaue Fahren unter Beweis gestellt werden.
Böhm Und wir mussten erste Hilfeleistungen korrekt durchführen. Der Ausfall einer Steuereinheit war eine weitere Prüfungssituation.
Remo Rey, Geschäftsführer URh, Matti Betz, neuer Schiffsführer, und Herbert Rispy, Leiter Betrieb und Werft (v.l.n.r.) vor dem MS Thurgau an der Schifflände Schaffhausen
Welche Erfahrungen hast du in der ersten Saison als Schiffsführer gemacht?
Böhm Ich konnte das Gelernte gut umsetzen und musste nun die Verantwortung alleine tragen.
Betz Mit der Hochwassersituation und dem Fahrplan-Zeitdruck war die erste
Saison schon ziemlich herausfordernd.
Selbst einmal einem Kapitän über die Schulter schauen und alles über Mythen und Legenden erfahren?